Am 23. Juli haben 100 Internet Service Provider (ISPs) in der Schweiz einen Brief (1) der Bundes Polizei (BUPO) erhalten, der Ihnen unter Androhung von Strafe gebietet einige strafrelevante URLs für ihre Usern zu sperren. Dieses Posting soll aufzeigen, weshalb eine Zensur, wie sich sich das BUPO vorstellt nicht realisierbar ist. Die Argumententen bezieht sich einerseit detailliert auf die gemäss BUPO zu sperrenden URLs, andererseits werden grundsätzlliche überlegungn getätigt. - Sperren auf IP Ebene: Problem1: Wenn man die URL auf IP Ebene sperrt, wird den Usern der Zugang zu einem kompletten Virtuellen Server bzw. Netzbereichen, wie im aktuellen Fall zu www.webcom.com geperrt. D.h. andere Sites, welche auf dem gleichen Server lagern und das können tausende sein, sind für die User ab sofort nicht mehr erreichbar. Dies scheint also keine geeignete Methode zu sein. Problem2: Auch wenn die IP Adresse nicht mehr erreichbar sind, können die URLs über Proxies erreicht werden, von denen es unzählige gibt davon einige, welche darauf spezialisiert sind wie z.B. http://www.anonymizer.com oder http://www.lpwa.com. Problem3: Da diese Taktik den Site-"Anbietern" bekannt sind, lassen sie sich einfach "spiegeln" (mirroring) unter einer anderen IP Adresse. - Sperrung auf Applikationsprotokollebene (über Einbau von Proxy): Den Usern wird technisch verunmöglicht, direkt ins Internet zu gelangen, sondern nur noch über einen Proxy des ISPs. Auf dem Proxy werden Filter eingebaut, welche Zugang zu URLs, welche definierte Muster enthalten Problem1: Für den Site-"Anbieter" ist es kein Problem das Muster, bzw. den Namen zu ändern. Ein glänzendes Beispiel sind die von der BUPO angegebenen URLs, welche mit .../index.html enden. Diese können nähmlich genau gleich gut erreicht werden, wenn man das index.html weglässt. Das ist trivial (dem BUPO aber offenbar nicht bekannt) zeigt jedoch das prizipielle Problem auf. Problem2: Die Einführung von "transparenten" Proxies hat weitreichende Konsequenzen für den User, da er keinen direkten Zugang zum Internet mehr hat, die Konsequenzen sind technischer und ethischer Natur: Sicherheit und Zuverlässigkeit der Zurückgegebenen Seiten? Aktualität von Seiten? Verantwortung gegenüber dem User für Inhalt? Verhalten des Servers bei hoher Nachfrage? usw... Problem3: wie oben. - Grundsätzliche überlegungen: * Das WWW ist nur >ein< bekannter Dienst im Internet und da relativ statisch im Vergleich übersichtlich. Wie steht es mit weitaus dynamischeren Diensten, wie z.B. News, in den News werden täglich Millionen von Postings versand? Werden die ISPs in Zukunft verpflichtet werden jedes einzelne Posting herauszulöschen, wie soll dies technisch realisierbar sein? * Nach welchen Kriterien soll eine URL wieder entsperrt werden? Auf Aufforderung des BUPO? Auf Aufforderung des Betroffenen? Ist der ISP dann für die überprüfung des Inhalts verantwortlich? Wer Haftet für entstandenen Schaden, wenn nicht rechtzeitig entsperrt wird? Das BUPO? Der ISP? * ISPs als Zugangsanbieter stellen dem User ein >Medium< und >nicht< den >Inhalt< zur Verfügung. Grundsätzlich kann jedes Medium kriminell benutzt werden - hier wird aber denjenigen Strafe angedroht, welche das Medium zur verfügung stellen und nicht, wie sonst üblich denjenigen dies es in einer strafbaren Art benutzten. überträgt man die Forderungen der BUPO auf andere Medien, dann müsste die PTT bestraft werden, wenn Sie Post überbringt, welche strafbare Inhalte enthällt oder von Absendern stammt, welche dafür bekannt sind, dass sie strafbare Inhalte versenden. Ebenso müssten Papierhersteller und Papeterien bestraft werden, wenn sie Papier zur Herstellung von Druckmaterial mit strafbarem Inhalt verkaufen. Die Telekom Anbieter müssten bestraft werden, wenn sich jemand mit einer Telefonnummer einer Organisation im Ausland in Verbindung setzt, welche strafbares Material verbreitet. Kommentar: * Aus dem Brief der BUPO wird nicht klar, ob die Drohung auch auf Grund eines Gesetzes Gültigkeit hat oder ob nur in Anlehnung an den Telekiosk Entscheid preventiv ein Präzedenzfall geschaffen werden soll, der die Lage klärt. * Die gleiche Diskussion ist in Deutschland seit mehr als einem Jahr im Gange. Wie ist es möglich, dass die BUPO es offensichtlich nicht für nötig erachtet sich kompetent über die Problematik zu informieren? Copyright: Dieses Posting ist (c) 1998 von T.Pospisek und SPIN GmbH. Wiederveröffentlichung ist in keiner Form gestattet, wird aber auf Anfrage gewährt. Referenzen: (1) http://x4.dejanews.com/getdoc.xp?AN=374548192&search=thread&threaded=1&CONTEXT=901706361.395247667&HIT_CONTEXT=901703548.315424961&HIT_NUM=39&hitnum=0 ------------------------------------------------------------------------------ Tomas Pospisek - Freelance: Linuxing, Networking http://spin.ch/~tpo/freelance www.SPIN.ch - Internet Services in Graubuenden/Switzerland WANTED: sysadmin-> http://spin.ch/~tpo/joboffer ------------------------------------------------------------------------------